Die US-Wahlen sind vorüber, und in einer Demokratie gilt es, das Wahlergebnis zu respektieren – auch wenn es manchmal schwerfällt. Es gibt viele Gründe dafür, die zu akzeptieren sind – das steht außer Frage. Als überzeugter Demokrat erwartet man in einer demokratischen Gesellschaft Respekt für unterschiedliche Meinungen, für Geschlechter, Hautfarben, Altersgruppen, Berufe, Herkunft und vieles mehr, sowie gegenseitige Wertschätzung trotz inhaltlicher Differenzen. Bedeutet das, dass alles in einer Gesellschaft perfekt funktioniert und Fehlentwicklungen nicht kritisiert werden dürfen? Natürlich nicht.
Spaltung, Hetze, das unablässige Verbreiten abstrusester Verschwörungstheorien und die gezielte politische Kommunikation, die Personen oder Gruppen für bestimmte Missstände verantwortlich macht, haben nichts mit einer respektvollen Debattenkultur zu tun. Dieser „Diskussionsstil“, der mittlerweile über Jahre hinweg erkennbar ist, hat weder mit konstruktiver Kritik noch mit echtem Diskurs zu tun und schadet einer offenen, demokratischen Gesellschaft.
Es ist zudem bemerkenswert, dass Menschen, die in demokratischen Staaten aufgewachsen sind, dort leben und Teil dieses „Systems“ sind, die Meinungsfreiheit nutzen, um dieselbe Gesellschaft als Diktatur zu bezeichnen. Meinungsfreiheit, demokratische Wahlen und Mehrheitsentscheidungen schließen sich jedoch kategorisch mit einer Diktatur aus.
Gleichzeitig gibt es Politiker:innen, die unermüdlich vom „System“, „Einheitsparteien“ oder „Systemparteien“ sprechen. Solche Begriffe werden oft verwendet, um sich einerseits Diskussionen samt Lösungsvorschlägen zu entziehen und andererseits demokratische Spielregeln zu untergraben, indem sie sich als „Helden“ oder „Retter“ darstellen, die das Volk vom „System“ befreien müssten. In meiner Sichtweise handelt es sich dabei um antidemokratische Kräfte, die zwar durch demokratische Wahlen in ihre Positionen gelangt sind, aber mit ihrer ideologischen Ausrichtung Gegner einer liberalen Demokratie sind. Ironischerweise leben sie jedoch vom „System“ und damit auf Kosten der Allgemeinheit.
Und nun frage ich mich – als Familienvater, Bürger, pragmatischer Denker, stolzer Österreicher, Tiroler und Europäer, Gewerkschafter und seit dem 24. Oktober als Abgeordneter des Nationalrats auf die österreichische Verfassung angelobter Vertreter des Volkes –, ob man tatsächlich jedem und jeder die gleiche demokratische Anerkennung entgegenbringen muss.
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